Rechenzentren – die neuen Stars unter den Assetklassen

Daten sind der Rohstoff des 21. Jahrhunderts. Sie benötigen eine komplexe Infrastruktur und unvorstellbare Mengen an Speicherplatz. Daher schießen weltweit riesige Rechenzentren aus der Erde und versorgen ihre Mieter mit Speicherplatz für deren teilweise enormen Datenmengen. Nun gab es in letzter Zeit vermehrt Befürchtungen, unsere Infrastruktur sei dem durch Corona gestiegenen Bedarf nicht gewachsen, doch Frankfurt gibt Entwarnung. 

Blizzard Entertainment benötigt alleine 2,5 Petabytes (eine Eins mit 15 Nullen) um das Onlinespiel ‚World of Warcraft‘ am Laufen zu halten. Ganz zu schweigen von den Datenmengen, die sonst noch durch das Internet rauschen oder auf Servern weltweit gespeichert werden. Die Menge an Daten, die insgesamt weltweit erstellt, vervielfältigt und konsumiert wird liegt 2020 bei etwa 40 Zettabytes - auch ganz ohne den Anstieg durch Corona, doch dazu später. Um diese Zahl annähernd zu veranschaulichen, muss man sich alle Sandkörner von allen Stränden der Welt auf einem gewaltigen Haufen vorstellen und dies dann mal 57 nehmen.

 

Und: die benötigten Datenmengen verdoppeln sich alle zwei Jahre, bedingt durch Industrie 4.0, Cloud-Computing, neue Internet-Anwendungen und nicht zuletzt durch Social Media und E-Commerce. Es entsteht mit Datencentern also eine Assetklasse mit gewaltigem Potential und sehr schnellem Wachstum. 

Datencenter-Datenmengen weltweit
Weltweit soll sich die benötigte Datenmenge bis 2025 auf 175 Zettabyte ansteigen

Datencenter in Zeiten von Corona

Wie enorm Datencenter die Infrastruktur der Städte jetzt schon bestimmen, zeigt das Beispiel von Frankfurt am Main: Dort befindet sich mit dem DE-CIX der größte Internet-Knoten der Welt und größter Stromverbraucher der Stadt Frankfurt - vor dem Flughafen. Zu normalen Zeiten werden deutschlandweit im Schnitt 6,3 Terabit benötigt. Eine enorme Zahl, aber wenn man bedenkt, dass das Datencenter eine Kapazität von über 54 Terabit hat, haben wir Grund genug uns zu entspannen. Man hat zwar in Höchstzeiten des Corona-Lockdowns einen Anstieg auf bis zu 9 Terabit verzeichnet, bis zur Höchstgrenze ist also noch viel Luft. 

Laut Aussage des Datencenter-Sprechers würde die Kapazität selbst dann nicht erreicht werden, wenn alle Mitarbeiter aller Unternehmen der EU Home-Office machen und nebenbei noch die Fußball-EM übertragen würde.  

Zeitweilig ruckelnde Verbindungen übrigens, die teilweise sowohl zu Hause, als auch in Büros bemerkt werden, haben nichts mit angeblichen Engpässen oder Internetstaus zu tun, sondern seien eher lokaler Natur, so z.B. durch veraltete Kabel.

Generell lässt sich sagen, dass Home-Office-Anwendung, wie Videokonferenz-Tools oder Chatdienste eher wenig Datenvolumen verbrauchen, die großen Verschwender sind tatsächlich Netflix, Facebook, YouTube & Co., die 60-80% des Verbrauches insgesamt ausmachen. 

Wandel der Branche

Noch vor einiger Zeit haben Unternehmen, laut Eric Schwartz, Chefstratege bei Daten-Dienstleister Equinix, ihre eigenen Daten gehostet und die Infrastrukturen dazu selber besessen. Doch seit einigen Jahren habe sich ein Trend dazu entwickelt, dass man diese Aufgabe den Anbietern überlässt und diese Datenzentren entwickeln und bauen lässt und dann anmietet. Dadurch sei ein höchst lukratives neues Geschäftsmodell entstanden, das Anbieter von Datenzentren gleichzeitig zu Immobilienentwicklern und -vermietern macht.

 

 

Zur Veranschaulichung:

  • Als 2017 der global agierende Betreiber Level3 Communications für $34 Mrd. an CenturyLink verkauft wurde, wurde auch ein geschätztes Immobilienvermögen von rund $7 Mrd. übertragen. 
  • Ein weiterer Player der Branche, Data Center-Dienstleister Equinix, investiert laut eigenen Angaben jährlich $2 Mrd. in neue Immobilien, Tendenz steigend. So ging im Sommer 2019 beispielsweise Singapurs Staatsfonds ein Joint Venture mit Equinix ein. Dabei geht es um die Akquise und Entwicklung von sechs europäischen Datenzentren im Wert von über $1 Mrd. 
  • Im April 2020 erfolgte dann die Übernahme des Datencenter-Spezialisten Mellanox Technologies für $6,9 Mrd. durch NVIDIA, einem der größten Entwickler von Grafikprozessoren und Chipsätzen für Personal Computer und Spielekonsolen weltweit.

Diese Zahlen verdeutlichen die Relevanz und das Potenzial dieser verborgenen Assetklasse.

Rechenzentrum Serverraum Data Center

Rechenzentren als Anlageklasse - nichts für Anfänger

Die Besonderheiten von Datencentern, wie die hohe Bonität und Investitionsfreudigkeit der Mieter, sowie die hohe Standortbindung, tragen zu Stabilität und Sicherheit bei - ein starkes Argument für Investoren, die sich diesen Markt erschließen möchten.

Aber die Entwicklung von Rechenzentren stellt für ihre Entwickler auch eine ganz spezielle Herausforderung dar, die nicht vergleichbar sind mit anderen, etablierten Assetklassen. Beispielsweise gilt es schon bei der Planung eines Zentrums sehr viel mehr zu beachten, als man es von beispielsweise Wohn- oder Gewerbeimmobilien kennt und zudem wird die Miete ganz anders berechnet, was zuweilen für Verständnisproblemen, sowohl bei Immobilieninvestoren als auch bei Bewertern, führen kann: 

Neben dem vereinbarten Service und der im Rechenzentrum darstellbaren Versorgungssicherheit ist die lieferbare Strommenge der entscheidende Faktor für die Höhe der Miete. Strom spielt eine entscheidende Rolle, weil sowohl für die Datenverarbeitung, als auch für die Kühlung der Racks unglaublich viel davon benötigt wird. Zum Vergleich: Ein Rechenzentrum mit insgesamt 50.000 qm Rechenzentrumsfläche (ohne Büro- und Technikflächen) benötigt mehr Strom als eine 100.000-Einwohner-Stadt. Insofern ist es kaum verwunderlich, dass Rechenzentrumsfläche in der Regel nicht nach Quadratmetern, sondern nach verfügbarer Kilowatt-Leistung vermietet wird. Dieser Faktor ist eine der wesentlichen Besonderheiten dieser Spezialimmobilie.

 

Anbietern wie Equinix, kommt weiter zugute, dass es sich bei Datenzentren um Immobilien mit ganz speziellen Anforderungen handelt, für die spezifisches Know-How vorhanden sein muss, so dass wenig Konkurrenz von branchenfremden Immobilienentwicklern zu erwarten ist: angefangen bei Lagekriterien und Markttreibern, über den Strombedarf, den Anschluss an Glasfasernetzwerke, die Nähe zu großen Internetknotenpunkten, bis hin zu Sicherheit oder Gebäudekühlung - bei der Planung von Datenzentren werden andere Kriterien, als bei etablierten Assetklassen herangezogen, die für den üblichen Immobilienexperten Neuland sein dürften.

Zum einen benötigen sie eine ausreichende und redundante Stromversorgung sowie ein umfangreiches und ebenfalls redundantes Kühlungsequipment. Ein weiterer Punkt sind die hohen Sicherungsmaßnahmen, zum Beispiel die der ununterbrochenen Stromversorgung durch Batterien und Diesel, Zutrittskontrollen und -beschränkungen, Brandmeldesysteme und Brandbekämpfung mit Edelgas.

Zum anderen müssen die Rechenzentren eine mehrfache Anbindung an die Breitbandnetze von verschiedenen Betreibern aufweisen und außerhalb von Gefährdungszonen, wie zum Beispiel Flughäfen, Chemiewerken oder Überschwemmungsgebieten liegen. Zu guter Letzt kommen dann noch Unterschiede im rechtlichen Bereich, wie geänderte Baurechte oder Steuern hinzu. Um das Wertpotential von Datenzentren zu erfassen, benötigt man also ein tiefgreifendes Marktwissen und (bau-)technische Expertise. 

Beschleunigt Corona den Wandel bei Rechenzentren von einer Nischenklasse zur etablierten Anlageform?

Für Investoren sind grundsätzlich die Rechenzentren interessant, die nicht von den Eigentümern selbst genutzt werden. Das entspricht in etwa 20 Prozent der Rechenzentrumsfläche in Deutschland. Wird ein Objekt kleinteilig an Dritte vermietet, bezeichnet man dies als Colocation-Center oder Wholesale-Flächen. Ihnen wird in diesem Jahr ein Wachstumspotenzial von bis zu 76 % prognostiziert.

 

Die Corona-Pandemie stellt nun einen völlig unerwarteten Eingriff auf die fundamentalen Grund- und Sicherheitsbedürfnisse der Menschen dar und wird wohl langfristige Strukturveränderungen hervorbringen, auch wenn das Virus selber durch die getroffenen Maßnahmen und durch einen Impfstoff eingedämmt oder sogar bekämpft werden wird, aber welche Auswirkungen wird es auf die Immobilienbranche haben? Wie reagieren Immobilieninvestoren kurz- und mittelfristig? Und wie werden die Situation auf dem Finanzmarkt und die allgemeine Marktstimmung sein? Viele Faktoren haben einen Einfluss auf den Immobilienmarkt und niemand kann die weiteren Entwicklungen voraussehen, dennoch sind Experten generell der Meinung, dass der Markt zwar kurz- und mittelfristig Einbußen erfährt, langfristig aber stabil bleiben wird. Wohnimmobilien, Geschäftshäuser oder Industrieimmobilien werden aufgrund der Sachwertlogik in unsicheren Zeiten und nach dem Absorbieren von Panikhandlungen wahrscheinlich weiter als gewinnbringende Anlageform gelten - Wohnraum beispielsweise wird immer benötigt.

 

Datencentern gehören zu den Assetklassen, die den geringsten bis gar keinen Schaden durch die Corona-Krise erleben dürften, im Gegenteil, der Bedarf steigt gerade in Zeiten von vermehrtem Home-Office und Streaming, wie anfangs beschrieben. Es scheint also, als wäre gerade jetzt wahrscheinlich die beste Zeit um in Datencenter zu investieren, ob für Family Offices oder Institutionelle, um am Wandel von einer Nischenklasse zur etablierten und gewinnbringenden Assetklasse beteiligt zu sein.

Die größten Rechenzentren der Welt

Platz  Datenzentrum, Land Betreiber Größe in qm
1  The Citadel, USA https://www.switch.com/ 669.000
2 Range Int. Information Group, China

Betreiber: Range Int. Information Group

Besitzer: Regierung China

585.000
3 Switch SuperNap, USA

Besitzer: IT Professionals

Betreiber:https://www.switch.com/

325.000

4 DuPont Fabros Technology Data Center, USA Betreiber: https://www.digitalrealty.com/

149.000

5 Utah Data Center, USA

Betreiber: Regierung USA (NSA)

139.000

Zu 1: Hier werden zukunftssichere Konzepte verwendet, die bei praktisch allen neuen Entwürfen nachgeahmt werden. Die Einrichtung befindet sich in der Nähe der Tesla Fabrik und wird ausschließlich mit erneuerbarer Energie betrieben. Damit ist es nicht nur das größte, sondern auch das grünste Rechenzentrum der Welt.

Zu 2: Einst galt auch dieses Rechenzentrum als das größte der Welt. Es sollte dazu beitragen, den rapide steigenden Bedarf des chinesischen Wirtschafts- und Technologiebooms zu decken, der seit etwa zwei Jahrzehnten andauert. Wie die meisten Großprojekte in China, wurde auch dieses Rechenzentrum durch eine Kombination aus öffentlichen und privaten Investitionen errichtet.

Zu 3: Lange Zeit war das Switch SuperNAP das größte Rechenzentrum der Welt. Es befindet sich in Las Vegas, Nevada. Dieses riesige Rechenzentrum könnte in der Zukunft seinen Status als größtes Rechenzentrum wiedererlangen, da Switch für 2025 erhebliche Erweiterungen plant.

 

Die größten Rechenzentren Deutschlands

Der größte Internetknoten der Welt ist in Frankfurt am Main zu Hause. Die Stadt beherbergt so viele Rechenzentren (die nicht zu einem Telekommunikations- oder Computerkonzern gehören) wie das wesentlich größere London. Die Rechenzentren und die darin befindlichen Hochleistungsrechner sind ein wichtiges Rückgrat des weltweiten Datenverkehrs und deshalb enorm wichtig für den Standort Frankfurt.

Platz  Datenzentrum, Ort Besitzer Größe in qm
1 Hetzner-Park in Falkenstein, Vogtland

https://www.hetzner.com/

100.000
2 e-shelter in Frankfurt https://www.e-shelter.de/ 65.000
3 Equinix in Frankfurt https://www.equinix.com/ 44.000+
4 Interxion in Frankfurt https://www.interxion.com/de 40.000
5 Telehouse Frankfurt https://www.telehouse-rechenzentrum.de/

25.000

Zu 1: Das potenziell größte Datencenter Deutschlands steht im sächsischen Vogtland in der Gemeinde Falkenstein und gehört dem Großprovider Hetzner. Seit 2009 ist es in Betrieb, befindet sich aber immer noch im Aufbau. Inwieweit das insgesamt vorhandene Ausbaupotenzial von 100.000 Quadratmetern erreicht ist, kann daher nicht zuverlässig gesagt werden. Der Park nicht ausschließlich für Hetzner-Kunden konzipiert, sondern stellt ein Angebot auch an die Betreiber anderer Rechenzentren dar, sich bei Hetzner entsprechend einzukaufen. Das Angebot zu Colocation, also der Unterbringung von Dritt-Servern im Hetzner-Space, ist  begrenzt und beläuft sich nach Angaben Hetzners auf lediglich 3,5% der Gesamtfläche.

Zu 2: Insgesamt bietet der e-shelter Campus in Frankfurt eine Serverfläche von 65.000 m², die sich auf drei Standorte verteilt, wobei der Standort Frankfurt 1 der Hauptstandort des Unternehmens und gleichzeitig das mit Abstand größte Zentrum mit 60.000 m² Fläche ist. Der e-shelter Campus ist damit Europas größter einzelner Rechenzentren-Standort. Ein interessanter Fakt ist die Unterhaltung eines eigenen 110-kV-Umspannwerks zur Stromversorgung.

Zu 3: Der börsennotierte amerikanische Konzern Equinix bietet im Raum Frankfurt am Main an sechs Standorten zusammen über 44.000 m² Serverfläche an und ist damit die Nummer 2 in Deutschland. Equinix ist hauptsächlich Dienstleister für große multinationale Finanzdienstleister, die Equinix gemeinsam nutzen, um die Abläufe ihrer Handelsaktivitäten zu vereinfachen und zeitkritische Informationen mit Partnern auszutauschen.