Wie finden Sie den richtigen Aktien-Vermögensverwalter?

Bei der Vermögensverwaltung wird nicht nur beraten, sondern es werden (normalerweise) eigenständige Anlageentscheidungen durch den jeweiligen Vermögensverwalter getroffen. Im Mittelpunkt steht die Verwaltung und Strukturierung großer privater und institutioneller sog. Assets unterschiedlicher Risikoklassen, wie Aktien, Immobilien oder Liquidität. Es werden Strategien zur Entwicklung von Geldanlagen, nach Vorgabe des Kunden, entwickelt. Das Ziel der Vermögensverwaltung ist, das Vermögensportfolio des Kunden unabhängig und unter Berücksichtigung seiner spezifischen Risikosituation und -freudigkeit sowie seiner individuellen Lebensplanung zu optimieren, immer vor dem Hintergrund des sogenannten Kapitalerhalts, also keine Verluste zu realisieren. Die Vermögensverwaltung ist besonders für Anleger interessant, die möglichst wenig Zeit und wenig Aufwand in die Finanzoptimierung investieren möchten oder diese in professionelle Hände übergeben wollen.

 

Da der Begriff rechtlich nicht geschützt ist, kann sich theoretisch jeder Vermögensverwalter nennen, der das Vermögen Dritter betreut. Nicht jede Vermögensverwaltung verfügt dabei über eine Zulassung zur Finanzportfolioverwaltung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Um eine Zulassung zu erhalten, müssen strenge Auflagen erfüllt und u.a. eine leitende Tätigkeit im Finanzdienstleistungsbereich -mit Schwerpunkt auf Assetmanagement- nachgewiesen werden.

Es ist also bei der Auswahl des richtigen Vermögensverwalters darauf zu achten, dass eine BaFin-Zulassung vorliegt.

 

Weitere Kriterien zur Auswahl haben wir Ihnen folgend zusammengefasst:

vermögensverwalter für family offices-aktien

16 Dinge, die Sie bei der Wahl des richtigen Vermögensverwalters beachten sollten:

(1) Kosten & Gebühren

Welche echten Kosten fallen an? Laufende Gebühren, Aufgelder, Performance-Gebühren, versteckte Gebühren. Rechnen Sie alles zusammen und schauen Sie, ob das Angebot Sie mehr überzeugt als z.B. simple ETF-Investments.

Wenn hohe Verluste eingefahren werden, warum sollte der Vermögensverwalter eine Gebühr bekommen? Wenn er besonders erfolgreich ist, warum sollte er dann nicht etwas von Ihrem Gewinn erhalten? Es gibt keine festen Gesetze - Sie bringen große Summen mit, also verhandeln Sie und besprechen einmal alles im Detail.

(2) Performance-Entwicklung

Rechtfertigt die Performance der letzten 5-10 Jahre die Kosten? Ein Vermögensverwalter, der 3% Kosten p.a. berechnet, aber jedes Jahr 20% Wachstum erzielt, ist günstig. Werden bei 3% Kosten nur 5% Wachstum erreicht, lohnt sich die Beauftragung kaum, außer Sie brauchen einen teuren Seelsorger. Erfragen Sie vor allem die historische Performance, denn Sie wollen ja langfristig Vermögen aufbauen. Lassen Sie sich nicht auf die Argumente ein, dass Vergleiche schwer sind und es auf viele andere Faktoren, sowie individuelle Emotionen ankommt. Ein Verwalter, der nicht über Jahre outperformen kann oder die eigene Strategie erfolgreich umsetzt, sollte durch einen ETF ersetzt werden. Und netto für Sie bitte, nicht Bruttoperformance.

(3) Verhandlungsbereitschaft

Verhandeln Sie einzelne Kosten nach, z.B. kosten heute manche Trades fast gar nichts mehr. Wenn Sie jeden Tag handeln wollen, machen Sie das. Interactive Brokers beispielsweise, eine der wichtigsten Trading Plattformen der Welt, genutzt von vielen Vermögensverwaltern, berechnet für viele US-Aktien Trades jeweils nur 1$, lassen Sie sich also nicht hunderte oder tausende von Dollar / Euro in Rechnung stellen. Was bedeutet z.B. ein Transaktionsentgeld von 0,1% wenn Sie €1 Mio. investieren wollen? Richtig, € 10.000 an Abwicklungsgebühr. Was kostet diese über den richtigen Broker wirklich? Vielleicht € 1-50!

(4) Outperformance

Wenn Sie eine Aktive Vermögensanlage in Auftrag geben wollen, lassen Sie sich zeigen, ob langfristig die großen Indizes wie der DAX, DOW oder NASDAQ outperformed wurden. Wenn das nicht klar nachgewiesen werden kann, investieren Sie lieber in ETFs, Sie verlieren sonst im Verhältnis Geld.

(5) Zukunftsstrategie & Vorausdenken

Fragen Sie, welche Zukunftsstrategie der Vermögensverwalter verfolgt und was er glaubt, wie die (Aktien-)Welt in 5-10 Jahren aussehen wird, an welche Branchen er glaubt, an welche nicht und nach welchen Prinzipen er handelt. Wenn Ihr Vermögensverwalter hauptsächlich in alte, tradierte Branchen wie Automobil, Chemie, Luftfahrt, Maschinenbau etc. investiert, lassen Sie besser die Finger von ihm! Die Welt ist im Wandel.

(6) Anpassungsfähigkeit & Flexibilität

Sie haben einen ETF gefunden, der Ihnen gefällt, aber das Volumen ist klein und Sie wollen größere Summen in eine ähnliche Strategie investieren? Ist Ihr Vermögensverwalter in der Lage, Ihnen diese Strategie günstiger nachzubauen und mit Ihnen über die Sinnhaftigkeit in einen Dialog zu treten, oder versucht er Ihnen nur ein Produkt zu verkaufen?

(7) Rahmenbedingungen & Netzwerk

Jeder gute Vermögensverwalter sollte auch die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen am Anfang einer Investition mit im Auge haben, sowie über das notwendige Netzwerk, wenn nötig, verfügen. Vielleicht macht es für Sie keinen Sinn über die bestehende Struktur A oder B zu investieren, sondern es gibt andere, bessere Optionen. 

(8) Setup & Ausrichtung

Achten Sie darauf, dass Ihr Vermögensverwalter über das nötige Setup verfügt und weltweit für Sie investieren kann. Lassen Sie sich nicht auf Ausreden ein, dass z.B. von chinesischen, indischen oder südkoreanischen Firmen und Listings abgeraten wird. Firmen dort arbeiten an der Zukunft von Morgen und sollten unbedingt in eine globale Aktienstrategie und Analyse einbezogen werden.

(9) Individualität & Transparenz

Sie müssen mit Ihrem Vermögensverwalter offen und transparent über Ihre Erwartungen und vor allem Risikostrategie sprechen können und so herausfinden, ob seine Auswahl und Herangehensweise dazu passen. Wenn Sie Bedenken bei zu viel Volatilität haben, sind Sie z.B. bei Tech-Werten falsch - dann müssen Sie aber von vornherein akzeptieren, dass Sie ggf. in die zweite Börsenliga investieren und nicht die gewünschten Ergebnisse erzielen werden.

(10) Regeln, z.B. Stoppkurse

Legen Sie mit Ihrem Verwalter Regeln fest. Auch, ob Sie beispielsweise mit sogenannten Stoppkursen (Stop Losses) arbeiten wollen. Diese haben Vor- und Nachteile. In einem normalen Markt, begrenzen sie die Verluste und es wird bei der Erreichung von vorab festgelegten Minuswerten automatisch verkauft. Nachteil: Wenn Sie langfristig investieren, sind Sie bei einer schnellen Erholung des Marktes nicht mehr dabei, haben Kursverluste in Buchverluste realisiert und in möglichen Crash-Zeiten werden Ihre Stoppkurse ggf. nicht ausgeführt, weil es keine Käufer gibt, die in einen abstürzenden Markt kaufen. Sprechen Sie über solche wichtigen technischen Möglichkeiten mit Ihrem Verwalter.

(11) Arten der Investitionen

Seien Sie sich über den Unterschied des aktiven und passiven Investierens über ETFs bewusst und darüber, dass auch passive ETFs eine aktive Anlagekomponente haben. Vielleicht bietet sich auch eine Kombination an, Sie legen z.B. sicher und günstig die Hälfte in ETFs auf den MSCI World, den Nasdaq, Dow und den DAX an, während die andere Hälfte in Branchen der Zukunft und Growth-Titeln steckt. Ihr Vermögensverwalter sollte diese Flexibilität haben und die erforderlichen Möglichkeiten anbieten, wenn gewünscht. 

Gucken Sie auch kritisch auf Anleihen und Liquidität, die eine Gesamtportfolioallokation ausmachen können. Empfiehlt Ihnen Ihr Verwalter aktuell 30% in Cash zu halten und nimmt 2% Gebühren p.a., berechnet er auf €5 Mio. Depotvolumen €30.000 Kosten, das kann jeder und ist rausgeschmissenes Geld.

Regeln und Stoppkurse

(12) Kommunikation & Erreichbarkeit

Die größte Unzufriedenheit kommt meistens, bei weichen Faktoren, nicht bei der Performance. Die Ansprechpartner wechseln, sind nicht erreichbar, es wird nicht schnell genug reagiert, es findet kein Dialog statt, es wird nicht rechtzeitig gewarnt bzw. empfohlen, Kosten werden nicht transparent und verständlich diskutiert, die Verwalter werden verkauft, Abteilungen zusammengelegt, Manager gewechselt und nicht sauber dokumentiert berichtet. Sprechen Sie am Anfang alles ab und legen Sie gemeinsam die Regeln fest. Sie investieren z.B. zweistellige Millionenwerte? Dann sind Sie wichtig und sollten auch so behandelt werden. 

(13) Unabhängigkeit

Ein guter Vermögensverwalter ist nicht getrieben von Provisionen und muss interne Produkte verkaufen, er verdient am meisten daran, wenn er für Sie dauerhaft und langfristig Überrenditen (Alpha) erzielt und Ihr Vermögen nicht nur bewahrt, sondern stetig vermehrt. So steigt auch sein Verdienst, Renommee und Kundenstamm. Hinterfragen Sie genau, welchem Gott man huldigt und ob die Bank, der Vermögensverwalter wirklich neutral und unabhängig sind.

(14) Preise und Auszeichnungen

Ein unangenehmes Thema, aber dennoch wichtig. Die Branche kämpft mit allen Tricks und psychologischen Raffinessen um Sie in Ihr "Anlagebuch" zu locken. Leider sind viele Preise der Szene nicht nur unseriös, sondern auch keine wirkliche Auszeichnung. Die Wahrheit ist, dass viele Publikationen eng mit Ihren Anzeigenkunden, Lesern und Auftraggebern zusammenarbeiten und so gut wie keine Auszeichnungen neutral, offen und ehrlich sind. Jede Auszeichnung mehr, die Ihnen gezeigt werden kann, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Sie andere kritische Fragen ausblenden und sich von der vermeintlichen Qualität und dem öffentlichen Versprechen nach Performance psychologisch leiten lassen. Bleiben Sie wachsam! Die Besten der Branche brauchen übrigens keine Lorbeerkränze, sondern zeichnen sich z.B. dadurch aus, dass Sie Ihr Geld nicht mehr annehmen können, da Sie vor lauter Nachfrage maßlos überzeichnet sind. Wenn Sie schwer reinkommen, ist dies ein gutes erstes Zeichen.

(15) Fachbegriffe

Die Branche liebt es wie kaum eine andere sich mit "Fachchinesisch" zu differenzieren und sich als Experten zu präsentieren, was im Grunde auch in Ordnung ist. Allzu häufig sollen diese aber Ihre Kunden einschüchtern und von mangelndem Erfolg und Performance ablenken. Verluste wurden realisiert, ein günstiger ETF hätte mehr Rendite abgeworfen als Ihr Verwalter abgeliefert hat? Legen Sie den Finger in die Wunde und lassen sich nicht von Fachbegriffen blenden. Hier ein paar wichtige Beispiele:

 

Benchmark:

Mit der Wahl des Benchmarks kann schon die Performance gesteuert werden, so sind z.B. der DAX oder der Eurostoxx50 eher schwache Benchmarks, während z.B. der NASDAQ als Vergleichsindex ganz andere Erfolge bringen kann. Stapeln Sie nicht zu tief. 

 

Alpha:

Alpha ist die Outperformance-Angabe eines Vermögensverwalters oder Fonds gegenüber dem gewählten Benchmarks, z.B. dem DAX.  Erzielt der DAX 2020 z.B. 3% Rendite und der Vermögensverwalter 4%, wäre das Alpha 1%. Wenn Ihnen der Verwalter dann aber 2% p.a. an Gebühren abzieht, sowie laufende oder Transaktionskosten, kann es sein, dass Sie persönlich ein negatives Alpha gegenüber der simplen Anlage in einen passiven ETF de facto erzielt haben!

 

Beta:

Einfach ausgedrückt, misst der Betafaktor die Volatilität -im Fachjargon auch Vola oder Marktschwankung genannt. Ist der Faktor 1 so schwankt die Aktie wie der Marktdurchschnitt. Ist er höher als 1, schwankt Ihr Portfolio mehr, analog bei kleiner 1 weniger. Generell ist die Volatilität zu unrecht negativ besetzt und wird von Verwalterseite häufig als psychologisches Angstinstrument benutzt. Nur wenn Sie wirklich stets und kurzfristig an Ihr Aktienvermögen ran müssen (Fungibilität), müssen Sie hier aufpassen. Ansonsten wird Sie eine niedriges Beta langfristig viel Performance kosten, da z.B. zukunftsträchtige Tech-Werte mehr schwanken und dann nicht in Ihrem Portfolio sind.

 

Retrozessionen:

Retrozessionen sind Anreize, Entgelte, Provision und Bestandsvergütung zugunsten von Vertriebsstellen und Produktanbietern, die laufend oder einmalig im Hintergrund bezahlt werden, häufig werden diese positiverweise transparent dargestellt und ausgekehrt.

 

Stopp-Loss-Prozess:

Hier wird eine Verlustschwelle eingezogen, bei der händisch oder automatisch verkauft und die Verluste auch bilanziell realisiert werden.

 

Rendite kumuliert:

Die kumulierte Rendite zeigt die zusammengefasste Rendite der z.B. letzten 5 Jahre. Häufig können so schlechte Jahre versteckt werden, da man insgesamt oft zweistellig positiv herauskommt.

 

Risikoadjustierte Performance auf Sharp Ratio Basis:

Diese wird häufig in Zeitungen für Preise oder von Vermögensverwaltern selbst zum Aufzeigen der eigenen Leistung verwendet. Sie beschreibt die Überrendite, das Alpha, gegenüber dem risikofreien Zinssatz (z.B. deutsche Staatsanleihen) im Verhältnis zur Volatilität, also der Schwankung Ihres Portfolios. Nimmt man z.B. den DAX und eine deutsche Staatsanleihe (aktuell ca. -0,5%) als Basisbenchmark, kann man verschiedene Fonds oder die Performance von Vermögensverwaltern vergleichen, also z.B. wessen Performance die des DAX geschlagen hat, unter der Berücksichtigung der Volatilität. Diese Art von Vergleichen lassen sich übrigens nicht international anstellen, z.B. deutsche mit amerikanischen Vermögensverwaltern, da bei letzteren andere Benchmarks und risikoloser Zins zugrunde liegen.

(16) Wasser predigen und Wein trinken?

Eine sehr wichtige Frage ist, wie Ihr Vermögensverwalter selbst und privat investiert. Fragen Sie ihn. Dadurch können Sie leicht erfahren, woran Ihr Vermögensverwalter wirklich glaubt, worin er bereit ist sein privates Geld zu investieren und wo er bereit ist eigene Risiken einzugehen. Weiter können Sie ihn fragen, ob oder warum er Ihnen empfehlen würde es genauso zu machen oder eben nicht.

Fazit

Sie sollten sich vorab intensiv mit unterschiedlichen Branchen und den Möglichkeiten des Aktienmarktes beschäftigen, so dass Sie gemeinsam mit Ihrem Vermögensverwalter eine optimale Strategie, angepasst an Ihre individuelle Risikobereitschaft und Investitionsmöglichkeiten erstellen können. Vertrauen Sie nicht blind, sondern zeigen Sie, dass Sie genau wissen was Sie wollen und was nicht. Ein guter Vermögensverwalter sollte in der Lage sein, darauf einzugehen und dafür sorgen, dass beide Seiten dabei zufrieden sind und natürlich, dass Sie am Ende Gewinne erzielen. Das alles muss übrigens kein Vermögen in der Betreuung kosten. Verhandeln Sie, incentivieren Sie ggf. und akzeptieren Sie keine horrenden Gebühren. Das größte Kompliment für einen guten Vermögensverwalter ist, wenn Sie Ihr Depotvolumen aufstocken und Ihn weiterempfehlen.